Die internationale Four Days In May-Gedenkveranstaltung gedenkt auch den Opfern in Hengelo.

Rotterdam, 20. April 2025

Von Sonntag, dem 11. Mai bis Mittwoch, dem 14. Mai organisiert Erik van Loon, Direktor der Rotterdamse Festivals, zum zweiten Mal in Folge die internationale Four Days In May Gedenkveranstaltung. Mit 17 Gedenkveranstaltungen in vier Städten werden in diesem Jahr weltweit Opfer von Bombardierungen gewürdigt. Im Jahr 2024 wurden in Rom, Zürich, Paris und Rotterdam die Opfer von Bombardierungen mit dem Gedicht Vision Of Rotterdam des amerikanischen Dichters Gregory Corso geehrt. Dieses Jahr wird in Berlin, Warschau, Hengelo und Rotterdam weltweit an die Opfer von Bombardierungen erinnert – diesmal mit dem Gedicht Und Was Bekam Des Soldaten Weib? von Bertolt Brecht.

Weltweites Gedenken

Erik van Loon organisiert seit 2015 jährlich in Rotterdam eine einzigartige Gedenkveranstaltung am 14. Mai, bei der Bürger jedes Jahr an immer mehr Straßenecken entlang der Brandgrenze das Gedenkgedicht vortragen. Diese 14.-Mai-Gedenkveranstaltung begann als Protest gegen den Brandgrens-Funrun am 14. Mai 2015. Der Rotterdamer Bürgermeister hatte an diesem Tag exakt 1.800 Läufern die Erlaubnis erteilt, über, durch und entlang jener Orte zu laufen, an denen hunderte Tote starben und tausende Verwundete wurden. Seitdem wird jedes Jahr versucht, den Opfern an immer mehr Straßenecken entlang der Brandgrenze mit drei Minuten Stille und anschließendem Vortragen des Gedenkgedichts auf angemessene Weise zu gedenken. 2015 geschah dies an 75 Straßenecken, in diesem Jahr an 85 – und so wird jedes Jahr eine weitere Straßenecke dazu genommen, bis die Teilnehmer „Hand in Hand“ entlang der Brandgrenze in einem Menschenkette die Opfer in Rotterdam und seit 2024 auch die Opfer in anderen Städten weltweit ehren.

Hengelo – Ein besonderer Halt

Datum und Uhrzeit: 13. Mai, von 18.15 bis 20.00 Uhr

Auf der Rückreise von Warschau nach Rotterdam macht der Poetry Train im Jahr 2025 einen Zwischenstopp in Hengelo. Dort organisiert Erik van Loon einen kurzen Stadtrundgang, der die eindrucksvolle Geschichte dieser schwer betroffenen Stadt beleuchtet. Die Tour, geleitet von Hans de Gruil, Kulturerbeexperte des Museums Hengelo, beginnt beim April-Mai-Streikmonument auf der Rückseite des Bahnhofs und führt unter anderem am ehemaligen Stork-Vereinsgebäude vorbei ins Zentrum. Anschließend werden die Teilnehmer das Museum Hengelo besuchen, und bevor sie wieder in den Zug steigen, erhalten sie in der St. Lambertus-Basilika die Gelegenheit eine Kerze anzuzünden um sowohl der Opfer der April-Mai-Streiks als auch der 42 Bombardierungen auf Hengelo zu gedenken.

Hengelo im Überblick

Hengelo wurde unglaubliche 42 Mal bombardiert. Die heftigsten Bombardierungen fanden in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1944 statt. Es handelte sich um gezielte Bombardierungen, deren Ziel es war, den Ein- und Austransport von militärischem Gerät per Schiene von und nach Deutschland unmöglich zu machen. Dabei standen der Bahnhof Hengelo und die angrenzenden Industriegebiete an der Südseite im Fokus dieser Angriffe. Von diesem Bahnhof führen nämlich zwei Gleise nach Deutschland – einer über das nördlich gelegene Oldenzaal und einer über das südlich gelegene Enschede. Nicht nur der Bahnhof und die angrenzenden Industriegebiete, auch die direkt am Bahnhof Hengelo angrenzenden Wohnviertel wurden schwer getroffen. Letztlich stand im historischen Zentrum nur noch die St. Lambertiuskirche als stiller Zeuge.

  • April-Mai-Streiks Der Spaziergang beginnt beim April-Mai-Streikmonument, das an den großen landesweiten Streik vom 29. April bis 3. Mai 1943 erinnert. Während dieses Streiks legten 500.000 Niederländer die Arbeit nieder, nachdem der deutsche General Christiansen verkündet hatte, dass alle dreihunderttausend ehemaligen Soldaten der niederländischen Armee erneut in Kriegsgefangenschaft genommen werden sollten, um sie in deutschen Fabriken einzusetzen. Der Streik begann kurz darauf, am Donnerstag, dem 29. April 1943, kurz nach halb zwei bei der Maschinenfabrik Stork in Hengelo, und verbreitete sich rasch in ganz Nederland. Die Nazis reagierten unerbittlich auf diesen massiven Protest: 80 Niederländer starben durch das Erschießungskommando, 95 infolge von Schießereien auf offener Straße und 25 in Straflagern. Als Reaktion auf diese harten Vergeltungsmaßnahmen wuchs die Zahl der Niederländer, die sich aktiv dem Widerstand anschlossen oder untertauchten.
  • Radios verboten Am 13. Mai, zwei Wochen nach den großen April-Mai-Streiks, verbot der deutsche Besatzer das Hören unter anderem von Radio Oranje und der BBC. Zudem mussten die Bürger ihre Radioapparate an von der Gemeinde festgelegten Orten abgeben.
  • Stork-Vereinsgebäude Die zweite Station ist das Stork-Vereinsgebäude. Dieses in rotem Backstein mit sandsteinverzierten Schichten errichtete Gebäude wurde 1893 anlässlich des silbernen Jubiläums der Hengelose Fabrik erbaut – zugunsten der Mitarbeiter der Maschinenfabrik Stork. Hier begannen nicht nur die Streiks, sondern auch die Stork-Maschinenfabriken mit dem angrenzenden Bahnhof Hengelo wurden zum Ziel der gezielten Bombardierungen. In den Stork-Maschinenfabriken wurden unter anderem Turbinen für die deutsche Flotte und Pumpen zum Zusammendrücken von Gas für die V-1-Bomben gebaut. Am 19. Mai 1943, zwei Wochen nachdem die Streiks blutig niedergeschlagen worden waren, besuchte Reichskommissar Seyss-Inquart höchstpersönlich die Stork-Fabrikhalle, um dort stehend an einer großen Maschine das Personal anderthalb Stunden lang anzusprechen (video).
  • Museum Hengelo Das Museum Hengelo fungiert als Wissenszentrum für die lokale Geschichte. Es erzählt vergessene persönliche Geschichten und veranschaulicht die städtische Entwicklung im Laufe der Jahre. Gegründet im Jahr 1973 und untergebracht in einem charakteristischen Herrenhaus (ursprünglich ein Laden- und Wohnhaus aus etwa 1880), bewahrt das Museum authentische Elemente des 19. Jahrhunderts wie originale Vitrinen, Buntglasfenster und Stuckarbeiten.
  • St. Lambertus-Basilika Bei den Bombardierungen auf Hengelo blieb die St. Lambertus-Basilika auf wundersame Weise verschont, wenngleich die Restaurierung des neugotischen Kirchengebäudes drei Jahre dauerte. Die Kirche wurde zwischen 1889 und 1890 von G. te Riele Wzn. erbaut und rühmt sich wunderschöner Buntglasfenster vom Atelier F. Nicolas et Fils aus Roermond sowie Skulpturen aus dem Atelier von Mengelberg. Während der Gedenkveranstaltung erhalten die Besucher hier die Gelegenheit, eine Kerze anzuzünden, um sowohl der Opfer der April-Mai-Streiks als auch der 42 Bombardierungen auf Hengelo zu gedenken.

Berlin, Warschau, Rotterdam

Neben dem kurzen Programm in Hengelo umfasst Four Days In May 2025 auch ein umfangreiches Tagesprogramm in Berlin, Warschau und Rotterdam:

Berlin – 11. Mai Sechs Gedenkveranstaltungen: Der Tag beginnt mit einer Eröffnung im Anti-Kriegsmuseum. Anschließend findet eine spezielle Poetry-Fahrradtour statt – von Checkpoint Charlie über das Brandenburger Tor und den Reichstag bis hin zum Brecht-Weigel-Haus. Dort nehmen die Besucher im Literatur Forum im Brecht Haus und im Berliner Ensemble am Jubiläumsprogramm anlässlich von 125 Jahren Helene Weigel – der Witwe von Bertolt Brecht – teil.

Warschau – 12. Mai Sechs Gedenkveranstaltungen: Der Tag startet mit zwei Vorträgen. Der erste beleuchtet die vier großen Bombardierungen auf Warschau im September 1939, während der zweite im Polin-Museum den Ghetto-Aufstand Warschaus (vom 19. April bis 16. Mai 1943) behandelt. Der Abend wird, wie in Berlin, mit einer offenen Bühne abgeschlossen, auf der Friedens- und Anti-Kriegs-Gedichte, -Lieder und -Geschichten vorgetragen werden.

Rotterdam – 14. Mai Sechs Gedenkveranstaltungen: Der Höhepunkt der Four Days In May Gedenkveranstaltung ist das in verschiedenen Sprachen vorgetragene Gedenkgedicht Und Was Bekam Des Soldaten Weib? an 85 Straßenecken entlang der Brandgrenze. Auch der Dichter … aus Hengelo wird daran teilnehmen. Weiterhin beginnt der Schlusstag mit einem Vortrag über die Opfer des viertägigen Krieges von 1940. Während jenes Krieges – der im allesvernichtenden Bombardement auf Rotterdam endete – starben 1.173 Menschen. In den folgenden Besatzungsjahren kamen weitere über zweihundertfünfzigtausend Niederländer hinzu, wobei der Großteil einen jüdischen Hintergrund hatte. (Siehe Übersicht!) Four Days In May 2025 schließt mit einer speziellen Ausgabe von Radio Oranje über die letzten Kriegsjahre, gefolgt – wie in Berlin und Warschau – von einer offenen Bühne.

Weitere Informationen und Anmeldung:
• www.14mei.nl (Rotterdam)
• www.museumhengelo.nl (Hengelo)

Pressekontakt:
Erik van Loon | Stichting 14 Mei stichting14mei@gmail.com | +31 6 3826 5666
Hans de Gruil | Museum Hengelo +31 6 2317 3872