Pressemitteilung, Rotterdam, 17. April 2025
Am Mittwoch, dem 14. Mai, eröffnet Erik van Loon – Künstler und Direktor der Rotterdamse Festivals – in Tante Nino den Abschlusstag der zweiten internationalen Four Days in May-Gedenkveranstaltung. Im Anschluss an die Eröffnung hält Walter Schulze, Vorsitzender der Ancestor Foundation, einen Vortrag über die Opfer, die in den ersten Tagen des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden ums Leben kamen. Schulze wird die Orte beleuchten, an denen diese Opfer fielen, und darstellen, wie Angehörige im Laufe der Jahre mit ihrem Verlust umgegangen sind. In seinem Vortrag konzentriert er sich anschließend speziell auf die Ereignisse in und um Rotterdam. Direkt im Anschluss präsentiert Van Loon – wie zuvor bereits in Berlin (11. Mai) und Warschau (12. Mai) – auch in Rotterdam den Anti-Flugzeugbomben-Vertrag.
Eröffnung
Während der Eröffnung wird Van Loon erzählen, was ihn 2015 dazu inspirierte, die Opfer des Bombenangriffs jährlich mit einem Gedicht zu gedenken. Er wird hervorheben, wie er trotz völlig fehlender finanzieller Unterstützung (keine Spenden, Sponsoren, Fördermittel oder Subventionen) und ohne Zusammenarbeit mit der Rotterdamer Stadtverwaltung Jahr für Jahr alles daran setzt, so viele Rotterdamer wie möglich zu mobilisieren. Anlässlich des 85. Jahrestags des Rotterdamer Bombenangriffs möchte er 2025 an 85 Straßenecken (etwa alle 150 Meter) Personen finden, die Bertolt Brechts Gedicht Und was bekam des Soldaten Weib? vortragen. 2015 suchte er 75 Menschen für ebenso viele Standorte. Sein Traum ist es, bis 2040 so viele Menschen zu versammeln, dass die Opfer des 100 Jahre zurückliegenden Bombenangriffs auf Rotterdam einmalig Hand-in-Hand entlang der Brandgrenze gedacht werden können. Er wird auch auf die häufig gestellte Frage eingehen, warum er seit 2024 die Opfer des Bombenangriffs weltweit unter dem Titel Four Days in May gedenkt.
Vortrag: Four Days in May
Walter Schulze ist Vorsitzender der Ancestor Foundation, die sich unter anderem dafür einsetzt, Kriegsopfer zu erfassen und Fragen von Angehörigen zu beantworten. Seit 2015 ist er – gemeinsam mit vielen anderen Forschern – an systematischen Untersuchungen zu den Opfern der Maitage 1940 beteiligt. Dank dieser Arbeit sind heute nahezu alle Namen der Menschen bekannt, die zwischen dem 10. und 14. Mai 1940 in und um Rotterdam ums Leben kamen. In seinem Vortrag wird Schulze vertieft auf die Ereignisse in Rotterdam eingehen und die persönlichen Geschichten der Opfer und ihrer Angehörigen teilen. Indem er diesen Geschichten eine Stimme verleiht, hilft er dem Publikum besser zu verstehen, was diese Tage für die Stadt und ihre Bewohner bedeuteten.
Präsentation und Unterzeichnung des Anti-Flugzeugbomben-Vertrags
Direkt nach dem Vortrag präsentiert Van Loon – wie in Berlin (11. Mai) und Warschau (12. Mai) – auch in Rotterdam den Anti-Flugzeugbomben-Vertrag. Der Vertrag setzt sich für ein weltweites Verbot der Produktion, Lagerung, Einsetzung und Weitergabe von Flugzeugbomben ein. Interessierte können den Vertrag im Anschluss in Tante Nino unterzeichnen.
Tante Nino
Van Loon wählte Tante Nino aufgrund der historischen Bedeutung dieses Ortes. An der Van-der-Takstraat, auf Höhe des Gebäudes, entstand 1940 ein ikonisches Foto des niederländischen Sergeant-Majors Van Ommering. Es zeigt ihn, wie er kurz nach dem deutschen Bombenangriff auf Rotterdam eine selbstgemachte weiße Flagge hält und Oberst Scharroo, den Befehlshaber der Rotterdamer Truppen, vom zerstörten Stadtzentrum über die Oude Willemsbrug zur Noordereiland begleitet. Auf Höhe des heutigen Tante Nino übergab Scharroo den Stadtbefehl an den deutschen Hauptmann Becker. Einen Tag später unterzeichnete General Winkelman in einem Schulgebäude in Rijsoord die Kapitulation der Niederlande.
Weitere Gedenkveranstaltungen in Rotterdam an diesem Tag
Nach der Eröffnung, dem Vortrag, der Präsentation und Unterzeichnung des Anti-Flugzeugbomben-Vertrags finden in Rotterdam folgende Gedenkveranstaltungen statt:
13:27 – 13:35 | 85. Gedenkgedicht an der Brandgrenze
(85 Straßenecken)
Um 13:27 beobachten Dutzende Rotterdamer – jung und alt, Künstler bis Unternehmer, Hausfrauen bis andere Engagierte – an 85 Straßenecken entlang der Brandgrenze drei Minuten Stille. Anschließend tragen sie Bertolt Brechts Gedenkgedicht Und was bekam des Soldaten Weib? vor. Das Gedicht wird auf Niederländisch und in 10 weiteren Sprachen vorgetragen. Wir übersetzen das Gedicht jedes Jahr, damit auch Angehörige von Migranten, internationale Studenten und andere Teil unserer gemeinsamen Geschichte werden können.
15:00 – 17:00 | Brandgrenz-Tour
*(Start: Brandgrenz-Denkmal, Willemskade 18)*
Interessierte können in Gruppen von maximal 12 Teilnehmern an einer geführten Radtour entlang der 12,5 Kilometer langen Brandgrenze teilnehmen.
19:00 – 20:00 | „Und was bekam des Soldaten Weib?“ entschlüsselt
(Broodje Aap, Westerstraat 10)
Am Abend analysieren Erik van Loon, Miguel Santos und Alain Pringels gemeinsam Bertolt Brechts Gedicht.
– Miguel Santos (1986) ist ein Rotterdamer Dichter und Mitbegründer des PoetsClub Rotterdam. 2016 veröffentlichte er die Miniserie Uurtjespoëzie, eine online veröffentlichte Gedichtsammlung. Es folgten mehrere Anthologien, darunter Blaadjes (2024) als jüngstes Werk.
– Alain Pringels, wohnhaft in Gent, ist Psychologe und Dramaturg. Er ist an fast allen Theaterproduktionen von De Appel in Amsterdam beteiligt und wird in Belgien und den Niederlanden regelmäßig als Bertolt-Brecht-Experte konsultiert.
20:00 – 21:00 | Radio Oranje
(Broodje Aap, Westerstraat 10)
DJ Okkie Vijfvinkel präsentiert ein speziell kuratiertes Radio Oranje-Programm, in dem er anhand seines beeindruckenden Audioarchivs auf die letzten Kriegsjahre zurückblickt. Am 13. Mai 1943 erfuhren die Niederländer infolge des großen Streiks vom 29. April 1943 in Hengelo, dass sie ihre Radios abgeben mussten. Diese Maßnahme sollte verhindern, dass Menschen verbotene Sender wie die BBC oder Radio Oranje hörten. Einige Niederländer folgten der Anordnung, aber ein Viertel aller Radios verschwand in die „Illegalität“.
21:00 – 22:00 | Offene Bühne Rotterdam
(Ort: De Boeg, Leuvehoofd)
Wie in Berlin und Warschau endet der Abend mit einer offenen Bühne am Nationalen Denkmal für die Handelsschifffahrt. Hier können Teilnehmer Anti-Kriegs- und Friedensgedichte, -lieder und -geschichten vortragen.
Berlin – Warschau – Hengelo
Berlin – 11. Mai
Am Sonntag finden sechs Gedenkveranstaltungen in Berlin statt. Die Eröffnung mit anschließender Podiumsdiskussion Stop Bombings Now (09:00–10:00) findet im Anti-Kriegsmuseum statt. Nach der Diskussion wird dort auch der deutsche Anti-Flugzeugbomben-Vertrag präsentiert (10:00–11:00), den Interessierte vor Ort unterzeichnen können. Nach einem kurzen Mittagessen können Teilnehmer am Poesie-Zyklus (13:00–15:00) teilnehmen, einer Radtour von Checkpoint Charlie über das Holocaust-Mahnmal, das Brandenburger Tor, den Reichstag, das Berliner Ensemble zum Brecht-Weigel-Haus. Dort nehmen sie an Helene Weigels 125. Geburtstag (15:00–18:00) teil, organisiert vom Bertolt-Brecht-Archiv und dem Literaturforum im Brecht-Haus. Anschließend findet im Berliner Ensemble die große Helene-Weigel-Hommage (18:30–21:00) statt. Der Tag endet mit einer Offenen Bühne (21:00–22:00) in Höhe von Bertolt Brechts Statue für Anti-Kriegs- und Friedensbeiträge.
Warschau – 12. Mai
Am Montag nehmen die Teilnehmer den Poesie-Zug (5:51–11:10) vom Berliner Hauptbahnhof zum Warschauer Bahnhof Zachodnia. In Warschau folgt ein Mittagessen, bevor sie das Warschauer Aufstandsmuseum besuchen. Dort hören sie einen Vortrag über die verheerenden Schwarzen-Montag-Bombardierungen vom 25. September 1939 (13:00–14:00). Anschließend wird der polnische Anti-Flugzeugbomben-Vertrag präsentiert, gefolgt von einer Führung zum heldenhaften Warschauer Aufstand (14:00–15:00). Um 15:00 radeln sie zum POLIN-Museum, um dort über die unmenschlichen Lebensbedingungen im Warschauer Ghetto (16:00–17:00) zu lernen. Der Abendvortrag im Adam-Mickiewicz-Literaturmuseum behandelt das Erbe des einflussreichen polnischen Theaterregisseurs Konrad Swinarski (20:00–21:00), der vor genau 50 Jahren starb. Der Tag endet mit einer Offenen Bühne (21:00–22:00) entlang der alten Stadtmauern.
Hengelo – 13. Mai
Am Dienstag nehmen die Teilnehmer den Poesie-Zug (7:00–18:10) vom Warschauer Bahnhof Centralna zum Bahnhof Hengelo. Vom Bahnhof Hengelo aus startet eine Poesie-Wanderung (18:15–20:00), bei der ein Guide sie durch die 1944 und 1945 völlig zerstörte Stadt führt. Während der Wanderung tragen lokale Dichter ihre Four Days in May-Gedichte vor. Bevor alle wieder den Poesie-Zug nach Rotterdam besteigen, besuchen sie die St.-Lambertus-Basilika, um ein Licht für die 107 Opfer der 42 Bombenangriffe auf Hengelo nach Oktober 1944 anzuzünden.
Bertolt Brecht
Bertolt Brecht (10. Februar 1898, Augsburg – 14. August 1956, Ost-Berlin) war ein revolutionärer deutscher Dramatiker, Dichter und Theaterregisseur. Nach Adolf Hitlers Machtübernahme 1933 floh er aus dem nationalsozialistischen Deutschland und lebte im Exil in ganz Europa – darunter Dänemark, Schweden und Finnland – bevor er 1941 in die USA floh. In Santa Monica, Kalifornien, schrieb er einige seiner berühmtesten Stücke und Gedichte, darunter Und was bekam des Soldaten Weib?.
Weitere Informationen und Anmeldung:
Erik van Loon, Rotterdamse Festivals
Website: www.14mei.nl
E-Mail: stichting14mei@gmail.com
Telefon: +316 3826 5666